Zukunft der Bildung im Kontext von Digitalisierung & Chancengerechtigkeit

Ein kooperatives Forschungsprojekt zu den digitalen Kompetenzen von Schulabgänger*innen und Lehrlingen die am Start ins Berufsleben stehen.

 

Hintergrund

Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, dass Österreich starken Nachholbedarf in Bezug auf digitale Bildung hat, und dass es - wie Europa insgesamt - noch weit entfernt ist von digitaler Souveränität. Nicht zuletzt die mangelnde Vorbereitung in Bezug auf das Distance-Learning und die mitunter unkoordinierte Vorgehensweise bei der Nutzung entsprechender Technologien haben dringendes Entwicklungspotenzial aufgezeigt.

Dies betraf nicht nur die technische Ausstattung und didaktische Vorbereitung, sondern auch die dafür nötigen Kompetenzen. Dabei steht die Frage im Vordergrund, welche Kompetenzen eine Digitalisierung der Gesellschaft überhaupt voraussetzt.

An die Stelle der Reproduktion von Wissen treten hier beispielsweise Kompetenzen der Informationsbeschaffung, der digital unterstützten Kooperation und der kritischen Reflexion von Quellen und Data Literacy. Didaktisch bedeutet dies einen Shift von der unidirektionalen Vermittlung hin zu gemeinsamer Konstruktion, zu Praxiserprobung und Kollaboration. Darüber hinaus wirft die Vergrößerung der bereits bestehenden Bildungsschere als Digital Divide Fragen der sozialen Ungleichheit im Zusammenhang mit der Digitalisierung auf, wobei zwischen first-order (Zugang zu Hardware) und second-order (Nutzungskompetenzen) Sozialunterschieden differenziert werden kann. Die Herausforderung im Zuge der Digitalisierung besteht darin, Strategien und Konzepte zu entwickeln, die die ohnehin schon große soziale Ungleichheit im Bildungssystem durch Digitalisierung nicht noch weiter anwachsen zu lassen (Samuelsson & Olsson, 2014; Schaumburg, 2018; Tawfik et al., 2016).


Beide Aspekte – Digital Literacy und Digital Divide – spielen nicht nur im schulischen Kontext, sondern auch in der Arbeitswelt eine zentrale Rolle. Werden digitale Kompetenzen nicht oder nur unzureichend erworben, drohen reduzierte Chancen am Arbeitsmarkt, technologischer und digitaler „Analphabetismus" sowie finanzielle und soziale Risiken durch Cyber-Betrug, digitales Mobbing usw. Der frühe Erwerb digitaler Kompetenzen ist daher insbesondere für Lehrlinge von zentraler Bedeutung, die jedoch als Zielgruppe nur wenig in den laufenden Diskussionen fokussiert werden (siehe dazu beispielsweise auch die Infrastrukturausstattung in den Berufsschulen). Diese Zielgruppe – zukünftige Fachkräfte – die dennoch gefährdet ist, beim Digital Divide auf der falschen Seite zu stehen, gemeinsam mit deren Lehrer*innen und Ausbilder*innen speziell zu betrachten, halten wir für notwendig und auch zielführend, zumal rund 40% eines Altersjahrgangs nach der Pflichtschulausbildung eine Lehre beginnen.

 

Ziele und Fragestellungen

Bildung der Zukunft und Digitalisierung unserer Arbeits- und Lebenswelten sind fraglos eng miteinander verwoben. Digitalisierung wird immer mehr gleichermaßen zum Inhalt (Bildung für eine digitalisierte Welt) wie auch zum Instrument für den kontinuierlichen Erwerb von Bildung (Bildung durch digitalisiertes Lernen). Dabei geht es nicht nur darum, passende technische Möglichkeiten des Lernens und Lehrens zu schaffen und möglichst allen Lernenden deren Nutzung zu ermöglichen bzw. zu vermitteln. Vielmehr sind auch Bildungsziele und -konzepte selbst und die „traditionelle" Art ihrer Vermittlung im (österreichischen) Bildungssystem zu diskutieren.

Häufig stehen jedoch (nur) die technischen Möglichkeiten im Zentrum des Diskurses (Notebooks für alle, gleiche Lernplattformen etc.). Ohne Frage ist die „Ausstattung" ein zentrales Element, aber für deren sinnvolle Nutzung braucht es auch entsprechende Kompetenzen. Hohe Motivation für Lernen und Weiterentwicklung sind dabei wichtige Zielgrößen, ebenso wie die Fähigkeit zum Umgang mit ständiger Veränderung (z.B. immer wieder neuen Medien, Lern- und Arbeitsformen) – für Individuen und Bildungssysteme. Digitalisierung generell, auch als Teil von Bildung, hat zudem massive gesellschaftliche Folgen und Wirkungen, die es dringend zu berücksichtigen aber auch zu vermitteln gilt (im Sinne einer Mitverantwortung des*r Einzelnen).

Wenn wir darüber diskutieren, welche Chancen eine Digitalisierung von Bildung für die Zukunft der Gesellschaft bietet, müssen daher Fragen nach den zentralen Kompetenzen mitgestellt werden, die Lernende, Lehrende, aber auch Personen in allen Arbeits- und Lebenswelten und Beschäftigte dafür benötigen, unter anderem:

  • Welche konkreten Kompetenzen benötigen welche Gruppen (Lehrende und Lernende), um in ihren Arbeits-, Lern- und Lebenswelten bestehen zu können?
  • Welche Stärken und Schwächen ihrer eigenen digitalen Kompetenzen sehen Lehrlinge und Schulabgänger*innen der Pflichtschule, sowie der Höheren Schulen?
  • Wo sehen potenzielle Arbeitgeber*innen Lücken mit Blick auf digitale Kompetenzen von Schulabgänger*innen und Lehrlingen?

    Daten und Fakten

    • Laufzeit: 10/2022-06/2023
    • Finanzierung: Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE)
    • ProjektmitarbeiterInnen: Julia Schöllbauer, Lars Uhlig (Universität Wien, Arbeits- und Organisationspsychologie), Elisabeth Pelikan, Christian Haider, Elisa Metzler (Universität Wien, Bildungspsychologie), Laura Kösten (Universität Wien, Forschungsgruppe Visualization and Data Analysis), Zora Vakavlieva (Institut für Höhere Studien)
    • Projektleitung: Christian Korunka (Arbeits- und Organisationspsychologie), Barbara Schober (Bildungspsychologie)
    • siehe auch zukunftderbildung.univie.ac.at