KI im Fokus: Fünf Fragen zur Zukunft der Arbeit an Christian Korunka

10.06.2024

Wissen wir, was KI wissen wird? Expert*innen der Uni Wien diskutieren ein Semester lang, wie unsere Gesellschaft von KI-Technologie profitieren kann und warum Wissenschaft und Bildung dabei eine zentrale Rolle spielen. Im Intranet richten wir unter anderem den Fokus auf die Zukunft der Arbeit. Expert*innen aus unterschiedlichen Fachbereichen geben Antworten auf wichtige Fragen.

Christian Korunka ist Professor und Leiter des Arbeitsbereichs Arbeits- und Organisationspsychologie an der Uni Wien, wo er auch den postgraduellen Universitätslehrgang „Psychotherapeutisches Propädeutikum leitet. Seine Arbeitsschwerpunkte sind unter anderem Arbeit im Wandel, neue Anforderungen in der Arbeitswelt, neue Formen der Arbeit, Autonomie- und Kompetenzanforderungen. Neben seinen Tätigkeiten an der Uni Wien arbeitet Christian Korunka auch als Psychologe und Psychotherapeut. 

Um im Rahmen der Semesterfrage auch die Auswirkungen von KI auf den Arbeitsalltag zu beleuchten, haben wir Christian Korunka in einem Interview nach seinen Einschätzungen und seiner Expertise gefragt. Dabei spricht er über die zukünftigen Herausforderungen und Chancen in der Arbeitswelt und verrät uns, wie KI das traditionelle Beschäftigungskonzept verändern könnte.

 

Wie wird KI das Konzept der traditionellen Beschäftigung beeinflussen? 

Die Meinungen darüber, wie tiefgreifend diese Veränderungen sein werden, gehen auseinander. Einige sind der Ansicht, dass KI die Arbeitswelt radikal verändern und viele traditionelle Arbeitsplätze überflüssig machen wird, während andere glauben, dass KI lediglich als Werkzeug dienen wird und die Veränderungen weniger dramatisch sein werden.

Die Wahrheit wird wahrscheinlich irgendwo dazwischen liegen. Der Veränderungsprozess hat bereits begonnen und schreitet relativ schnell voran. Eine der wichtigsten Veränderungen, die in naher Zukunft erwartet werden, ist, dass KI vor allem einfachere Tätigkeiten verändern oder ersetzen wird. Ein Beispiel dafür sind Callcenter, die zunehmend durch automatisierte Systeme wie Chatbots ersetzt werden. Das bedeutet, dass weniger Menschen in solchen Positionen arbeiten werden. Entscheidungsintensivere Tätigkeiten werden hingegen weniger von KI beeinflusst.

 

Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten werden für Arbeitnehmer*innen in einer von KI geprägten Arbeitswelt zukünftig wichtiger?

Wenn KI als neues Werkzeug verstanden wird, muss der kompetente Umgang damit erlernt werden. Digitale Kompetenz ist dafür eine wichtige Grundvoraussetzung. Aber auch das Bewusstsein für Datenschutz ist wichtig. Arbeitnehmer*innen müssen verstehen, wie Daten sicher verwaltet und geschützt werden, um rechtliche und ethische Standards zu erfüllen. Eine spezifische Fähigkeit, die zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Fähigkeit, effektive Prompts zu erstellen und zu verwenden. Das Verständnis, wie präzise und zielgerichtete Aufforderungen formuliert werden können, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen, ist eine Schlüsselkompetenz für die Interaktion mit KI.

 

Wie kann KI genutzt werden, um Vielfalt und Inklusion am Arbeitsplatz an der Uni Wien zu fördern?

Generell kann künstliche Intelligenz auf verschiedene Weise zur Förderung von Vielfalt und Inklusion eingesetzt werden. Eine zentrale Möglichkeit besteht darin, Kompetenzen im Umgang mit KI breit zu verankern, sodass eine vielfältige Gruppe von Mitarbeiter*innen Zugang zu diesen Technologien hat und sie nutzen kann.

KI kann eingesetzt werden, um Diskriminierung am Arbeitsplatz abzubauen, indem geschlechtsspezifische oder andere diskriminierende Muster erkannt und vermieden werden. Es ist wichtig sicherzustellen, dass KI-Systeme nicht traditionelle Vorurteile reproduzieren, wie z. B. männlich dominierte Antworten. Dies erfordert eine sorgfältige Überprüfung und Anpassung der Algorithmen, um Fairness und Inklusion zu gewährleisten. Die Uni Wien bietet hier einen guten Rahmen, um diese Aspekte zu berücksichtigen und umzusetzen.

"Es ist wichtig sicherzustellen, dass KI-Systeme nicht traditionelle Vorurteile reproduzieren."


Wie wird die breite Nutzung von KI im Arbeitskontext unsere Arbeitszufriedenheit beeinflussen?

Der breite Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Arbeitskontext wird die Arbeitszufriedenheit nicht wesentlich beeinflussen, sofern die Integrationsprozesse gut gestaltet sind. Die Arbeitszufriedenheit bleibt bei gut gestalteten Tätigkeiten hoch, unabhängig davon, ob KI integriert ist oder nicht. Solange die Tätigkeiten gut gestaltet sind und die Integration von KI reibungslos verläuft, ist zu erwarten, dass die Arbeitszufriedenheit weitgehend unbeeinflusst bleibt. Die Kriterien für gut gestaltete Tätigkeiten, beispielsweise hohe Autonomie, Möglichkeit für Lernprozesse, Vielfältigkeit und Sinnhaftigkeit, haben auch in einer KI unterstützten Arbeitswelt ihre hohe Bedeutung für die Qualität des Arbeitslebens.

 

Inwiefern wird die KI menschliche Arbeitsplätze ersetzen?

Die Frage, inwieweit KI menschliche Arbeitsplätze ersetzen wird, lässt sich zum Teil durch einen Blick auf die Entwicklung in der Vergangenheit beantworten. Ein anschauliches Beispiel ist die Automatisierung in der Automobilindustrie, wo Fertigungsroboter viele manuelle Tätigkeiten übernommen haben. Heute sind in modernen Produktionshallen hauptsächlich Roboter im Einsatz, während nur noch wenige Menschen für deren Programmierung und Steuerung benötigt werden.

Dieses Modell könnte ein Hinweis auf zukünftige Entwicklungen sein. Es ist denkbar, dass KI und digitale Prozesse in vielen Bereichen die Produktivität erhalten oder sogar steigern, während gleichzeitig die Zahl der benötigten menschlichen Arbeitskräfte sinkt. Dies könnte dazu führen, dass die Beschäftigten mehr Zeit für andere Aufgaben haben oder die Arbeitszeit generell verkürzt wird, wie beispielsweise durch die Einführung der 4-Tage-Woche. Diese Arbeitszeitverkürzung bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine Verringerung des Arbeitsvolumens, sondern vielmehr eine Steigerung der Produktivität durch die effizientere Nutzung digitaler Prozesse.

"Arbeitszeitverkürzung bedeutet jedoch nicht zwangsläufig eine Verringerung des Arbeitsvolumens, sondern vielmehr eine Steigerung der Produktivität durch die effizientere Nutzung digitaler Prozesse."

 

Beitrag von Helena Kost, DLE Kommunikation / veröffentlicht im Intranet der Uni Wien